Unterhalt nach der Scheidung

Unterhalt nach der Scheidung – Ehegattenunterhalt

1. Was ist der nacheheliche Unterhalt?

 
Der nacheheliche Unterhalt steht dem wirtschaftlich schwächeren Ehegatten unter bestimmten Voraussetzungen ab dem Zeitpunkt der rechtskräftigen Scheidung zu.
Ab der Scheidung gilt grundsätzlich das Prinzip der Eigenverantwortung. Das bedeutet, dass es jedem Ehepartner grundsätzlich selbst obliegt es ab diesem Zeitpunkt, für seinen Unterhalt zu sorgen.
Ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt besteht daher nur in bestimmten Fällen, die im Gesetz abschließend geregelt sind und auf dem Gedanken der nachwirkenden Mitverantwortung beruhen.

2. Wann besteht Anspruch auf nachehelichen Unterhalt?

 

Die gesetzlich abschließend anerkannten nachehelichen Unterhaltstatbestände sind:


Betreuungsunterhalt
Unterhalt wegen Alters
Unterhalt wegen Krankheit und Gebrechen
Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit
Aufstockungsunterhalt
Unterhalt wegen Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung
Unterhalt aus Billigkeitsgründen
Von besonderer praktischer Relevanz sind der Betreuungs- sowie der Aufstockungsunterhalt:

a. Unterhalt wegen der Betreuung eines Kindes
Der geschiedene Ehegatte kann wegen der Betreuung eines gemeinschaftlichen Kindes für mindestens drei Jahre nach der Geburt Unterhalt verlangen.
Bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des jüngsten Kindes besteht keine Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils.
In der Regel kann ab dem 4. Lebensjahr des Kindes von einer Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils ausgegangen werden, wobei im Interesse des Kindes ein gestufter Übergang zur Vollerwerbstätigkeit als ausreichend erachtet wird.
Erforderlich ist jedoch eine Gesamtwürdigung des Einzelfalls unter Zugrundelegung aller konkreten Umstände, so dass durchaus auch ein Unterhaltsanspruch über diese drei Jahre hinaus bejaht werden kann.
In die Beurteilung miteinzubeziehen sind insbesondere:
die zur Verfügung stehenden Betreuungsmöglichkeiten,
die Belange des Kindes, die unter Umständen eine weitergehende Betreuung durch den Elternteil erfordern
sowie das Vertrauen des geschiedenen Ehegatten in die vereinbarte und gelebte Aufgabenverteilung.

Wichtig: Der Anspruch besteht lediglich bei der Betreuung eines gemeinschaftlichen Kindes. Erforderlich ist also, dass das Kind während der Ehe geboren wurde bzw. die Vaterschaft anerkannt oder gerichtlich festgestellt ist. Bei der Betreuung eines Kindes aus einer früheren Ehe eines Ehegatten kann vom jetzigen geschiedenen Ehegatten kein Betreuungsunterhalt gefordert werden.

Dieser Anspruch auf Unterhalt nach der Scheidung besteht selbstverständlich nicht nur für die Ehefrau, sondern auch in entsprechender Konstellation für den Ehemann.

b. Aufstockungsunterhalt
Der sogenannte Aufstockungsunterhalt bezweckt, dem weniger verdienenden geschiedenen Ehegatten die Erhaltung des Lebensstandards zu ermöglichen.
Der Anspruch besteht, sofern trotz angemessener Erwerbstätigkeit des wirtschaftlich schlechter stehenden Ehegattens eine nicht nur geringfügige Einkommensdifferenz zu verzeichnen ist.
Einfach gesagt, wenn ein Ehegatte weniger verdient als der andere, obwohl er arbeitet.
Wichtig: Der Aufstockungsunterhaltanspruch besteht nicht zeitlich unbegrenzt. Erforderlich ist vielmehr, dass der Anspruch bereits im Zeitpunkt der Scheidung besteht bzw. unmittelbar an einen anderen Unterhaltstatbestand anschließt, so dass er über eine ununterbrochene „Unterhaltskette“ mit der Scheidung verbunden ist. Später eintretende Einkommensminderungen eines Ehegatten begründen also keinen Anspruch gegen den anderen Ehegatten auf Aufstockung, wenn zwischenzeitlich keine Unterhaltspflicht bestand.

Fachanwältin für Familienrecht Sandra Segl klärt auf:
„Den geschiedenen Ehegatten trifft stets nur eine Obliegenheit zur Aufnahme einer angemessenen Erwerbstätigkeit. Was im konkreten Fall als angemessen angesehen werden kann, wird durch eine Gesamtabwägung aller subjektiven und objektiven Umstände ermittelt. Maßgeblich sind insoweit die Ausbildung, die Fähigkeiten, die frühere Erwerbstätigkeit, das Alter, der Gesundheitszustand. Auch die Dauer der Ehe kann miteingestellt werden. Die Aufnahme der konkreten Erwerbstätigkeit darf sich vor diesem Hintergrund nicht als unbillig darstellen.“


Wichtig: Der nacheheliche Unterhalt ist vom sog. Trennungsunterhalt abzugrenzen. Es handelt sich um zwei verschiedene Ansprüche, der Anspruch auf Trennungsunterhalt besteht nicht mit Rechtskraft der Scheidung als nachehelicher Unterhaltsanspruch fort. Dieser muss vielmehr selbständig geltend gemacht werden.

3. Wie wird der nacheheliche Unterhalt berechnet?

 

a. Bedarf
Maßgeblich für die Unterhaltsberechnung sind die ehelichen Lebensverhältnisse. Es kommt also darauf an, wie die Ehepartner während der Ehe gelebt haben.
Abzustellen ist insofern auf die gesamten erwirtschafteten Einkünfte der Eheleute, wobei alle eheprägenden Verbindlichkeiten, also Schulden, die in der Ehe begründet sind, zum Abzug zu bringen sind.

Wichtig: Auch mietfreies Wohnen ist als Einkommen zu werten.

Stichtag ist insofern der Zeitpunkt der rechtskräftigen Scheidung. Spätere Einkommensveränderungen bleiben grundsätzlich unberücksichtigt, sofern sie nicht schon in der Ehe begründet waren, also bereits während der Ehe absehbar waren.
So nimmt ein geschiedener Ehegatte beispielsweise nicht an einem unerwarteten Karrieresprung teil, durchaus aber an Einkommenserhöhungen im Rahmen der allgemeinen beruflichen Entwicklung.

Fachanwältin für Familienrecht Sandra Segl klärt auf:
„Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass der Bundesgerichtshof klargestellt hat, dass auch die Haushaltsführung und Kindererziehung durch einen Ehegatten im Rahmen der Bedarfsermittlung ein wirtschaftlicher Wert zukommt. Denn diese Tätigkeiten tragen neben der Erwerbstätigkeit des anderen Ehegatten ebenso zur Erreichung des Lebensstandards bei, da gerade hierdurch auch das berufliche Fortkommen des anderen erst ermöglicht wurde. Für die Wertberechnung dieser Leistungen ist auf die nach der Scheidung aufgenommene Erwerbstätigkeit abzustellen. Das so erzielte Einkommen ist als Wert der bisher geleisteten Haushaltstätigkeit und Kindererziehung anzusehen, da die Arbeitsaufnahme insofern den Ersatz für die bisherigen familiären Tätigkeiten darstellt.“

Stichtag ist insofern der Zeitpunkt der rechtskräftigen Scheidung. Spätere Einkommensveränderungen bleiben grundsätzlich unberücksichtigt, sofern sie nicht schon in der Ehe begründet waren, also bereits während der Ehe absehbar waren.

So nimmt ein geschiedener Ehegatte beispielsweise nicht an einem unerwarteten Karrieresprung teil, durchaus aber an Einkommenserhöhungen im Rahmen der allgemeinen beruflichen Entwicklung.

Fachanwältin für Familienrecht Sandra Segl klärt auf:
„Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass der Bundesgerichtshof klargestellt hat, dass auch die Haushaltsführung und Kindererziehung durch einen Ehegatten im Rahmen der Bedarfsermittlung ein wirtschaftlicher Wert zukommt. Denn diese Tätigkeiten tragen neben der Erwerbstätigkeit des anderen Ehegatten ebenso zur Erreichung des Lebensstandards bei, da gerade hierdurch auch das berufliche Fortkommen des anderen erst ermöglicht wurde. Für die Wertberechnung dieser Leistungen ist auf die nach der Scheidung aufgenommene Erwerbstätigkeit abzustellen. Das so erzielte Einkommen ist als Wert der bisher geleisteten Haushaltstätigkeit und Kindererziehung anzusehen, da die Arbeitsaufnahme insofern den Ersatz für die bisherigen familiären Tätigkeiten darstellt.“

b. Bedürftigkeit
Voraussetzung des Unterhaltsanspruchs ist die Bedürftigkeit des Berechtigten, d.h. er darf selbst nicht in der Lage sein, seinen Bedarf zu decken.
Der Unterhaltsberechtigte muss sich demnach sein eigenes Einkommen anrechnen lassen. Sofern er seiner Obliegenheit zur angemessenen Erwerbstätigkeit nicht nachkommt, ist insoweit das sogenannte fiktive Einkommen anzusetzen, das der Berechtigte schuldhaft zu erwirtschaften unterlassen hat.

c. Selbstbehalt
Zur Deckung des eigenen Bedarfs muss dem Pflichtigen jedoch stets der sogenannte Selbstbehalt verbleiben. Dem Pflichtigen muss zur eigenen Lebensführung ein Betrag von 1.100 € zur Verfügung stehen, so dass ein Unterhaltsanspruch nur bei darüber hinausgehenden Einkünften besteht.

Wichtig: Zur Ermittlung der Höhe des konkret zu zahlenden Unterhalts sind die Ehegatten untereinander zur Auskunft verpflichtet.

Wichtig: Der nacheheliche Unterhalt muss geltend gemacht werden! Für die Vergangenheit kann kein Unterhalt gefordert werden. Der Anspruch besteht erst ab dem ausdrücklichen Verlangen bzw. der Aufforderung zur Auskunftserteilung.

4. Kann der nacheheliche Unterhalt ausgeschlossen werden?

 

Der nacheheliche Unterhaltsanspruch kann im Rahmen der Grenzen der Sittenwidrigkeit durch Vereinbarung der Parteien ausgeschlossen werden.


Wichtig:
Vor Rechtskraft der Ehescheidung geschlossene Vereinbarungen bedürfen der notariellen Beurkundung bzw. der gerichtlichen Protokollierung. Ansonsten sind diese unwirksam!
Vereinbarungen, die nach der rechtskräftigen Scheidung getroffen werden, sind formfrei möglich. Dies gilt selbst dann, wenn hierdurch die vorherige formbedürftige Vereinbarung abgeändert wird.

5. Unterhalt nach der Scheidung wie lange?

 

a. Herabsetzung und zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs
Der Anspruch auf nachehelichen Unterhalt kann herabgesetzt oder zeitlich begrenzt werden, sofern der Berechtigte keine fortbestehenden ehebedingten Nachteile erlitten hat. Das bedeutet, dass der Anspruch befristet bzw. herabgesetzt werden kann, wenn der Berechtigte durch die in der Ehe gelebte Rollenverteilung in beruflicher Hinsicht keine finanziellen Rückschläge zu verzeichnen hat, er also ohne die Ehe finanziell und beruflich nicht besser stünde.
Die Frage der Herabsetzung bzw. Befristung sowie deren Umfang wird durch eine Billigkeitsabwägung beantwortet. In diese Gesamtwürdigung sind alle objektiven Umstände, insbesondere die wirtschaftlichen Verhältnisse, der Gedanke der nachehelichen Solidarität, der Vertrauensschutz sowie die Dauer der Ehe einzustellen.
Der Unterhalt kann auch zunächst gestuft herabgesetzt werden, bis er letztlich vollständig versagt wird.

b. Wann erlischt der Anspruch auf nachehelichen Unterhalt?
Der Anspruch auf nachehelichen Unterhalt erlischt mit der Wiederverheiratung, der Begründung einer Lebenspartnerschaftoder dem Tod des Berechtigten.
Beim Versterben des Unterhaltspflichtigen erlischt der Unterhaltsanspruch hingegen nicht. Die Verpflichtung geht vielmehr auf dessen Erben über.
Wichtig: Geht der Unterhaltsberechtigte eine nichteheliche Lebensgemeinschaft ein, so führt dies nicht automatisch zum Erlöschen des Unterhaltsanspruchs. Jedoch kann eine Verwirkung des Anspruchs infolge grober Unbilligkeit anzunehmen sein (siehe oben).

c. Beschränkung bzw. Versagung des Ehegattenunterhalts infolge grober Unbilligkeit
Unter bestimmten Voraussetzungen wird der nacheheliche Unterhaltsanspruch infolge grober Unbilligkeit beschränkt oder versagt. Erforderlich ist, dass der Gedanke der nachehelichen Solidarität, der dem nachehelichen Unterhalt zugrunde liegt, ausnahmsweise nicht greift.
Dieser Versagungsgrund ist grundsätzlich bei kurzen Ehen mit einer Dauer von nicht mehr als zwei Jahren als einschlägig anzusehen. In diesen Fällen besteht ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt nur ausnahmsweise, sofern besondere Umstände vorliegen, die die Inanspruchnahme des Pflichtigen als nicht unbillig erscheinen lassen.
Grobe Unbilligkeit, die zur Versagung führen kann, liegt insbesondere vor, wenn dem Berechtigten ein schwerwiegendes Fehlverhalten angelastet wird, er sich beispielsweise eines schweren Vergehens gegen den Pflichtigen schuldig gemacht hat, die Bedürftigkeit mutwillig herbeigeführt hat oder in einer neuen verfestigten Lebensgemeinschaft lebt.


6. Unterhalt nach der Scheidung Berechnung – Beispielsberechnung


a) Berechnung Ehegattenunterhalt

Der Ehemann Klemens hat ein monatliches Nettoeinkommen von 2.100 €, die Ehefrau Mona hat kein eigenes Einkommen. Sie wohnen in Hamm.
Der Ehegattenunterhalt für die Ehefrau wird folgendermaßen berechnet:
Von Klemens Nettoeinkommen wird zuerst ein so genannter Erwerbstätigenbonus abgezogen (dieser beträgt in den meisten Bezirken der Oberlangesgerichte 1/7, so auch in Hamm, aber zum Beispiel im OLG-Bezirk München 1/10). Nach Abzug des Siebtels (2.100 Euro /7 = 300 Euro) verbleiben ihm 1.800 Euro, sie für die Unterhaltsberechnung heran gezogen werden. Diese werden durch zwei geteilt, aus dem sich der Bedarf eines jeden Ehepartners ergibt. Monas Anspruch auf nachehelichen Unterhalt beträgt daher 900 Euro.

bereinigtes Nettoeinkommen Klemens
2.000 Euro
abzüglich 5 % berufsbedingte Aufwendungen
– 100 Euro
abzüglich Erwerbstätigenbonus 1/7
– 271,43 Euro
Zwischenergebnis
= 1628,57 Euro
Davon die Hälfte
geteilt durch 2
Ehegattenunterhalt für die Ehefrau Mona
= 814,29 Euro