Trennungsjahr

Trennungsjahr als Voraussetzung für die Scheidung

Wollen sich die Eheleute nach der Trennung scheiden lassen, ist es in Deutschland erforderlich, eine bestimmte Zeit voneinander getrennt gelebt zu haben. In anderen Ländern ist dies oftmals keine Voraussetzung. Zum Beispiel kennt das Recht in den Niederlanden kein Trennungsjahr. Eine Scheidung ist dort ohne bestimmte Trennungsdauer möglich. Der deutsche Gesetzgeber hat das Trennungsjahr geschaffen, um übereilte Scheidungen zu verhindern. Der Gesetzgeber sieht in dem Abwarten für die Dauer des Trennungsjahres die Chance für die Ehegatten, die Ehe doch noch zu retten.

1. Trennungsjahr als Regelfall der Scheidung

Voraussetzung für eine Scheidung ist nach § 1565 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch, dass

a) die Ehe gescheitert ist
und
b) dass die Trennung der Eheleute mindestens 1 Jahr (so genanntes Trennungsjahr) angedauert hat, (§ 1565 Absatz 2 Bürgerliches Gesetzbuch)

Die Einhaltung des Trennungsjahres ist der absolute Regelfall für eine Scheidung.

Fachanwältin für Familienrecht Sandra Segl klärt auf:
Auch wenn man erst sehr kurz verheiratet ist, muss das Trennungsjahr eingehalten werden. Selbst wenn sich die Eheleute in der Hochzeitsnacht trennen, muss grundsätzlich das Trennungsjahr eingehalten werden. Und selbst wenn die Eheleute zu keiner Zeit während der Ehe zusammen gewohnt haben (zum Beispiel Fernbeziehungen, Gefängnis, bewußt getrennte Wohnungen), muss das Trennungsjahr eingehalten werden.
Zu unterscheiden sind beim Trennungsjahr folgende Konstellationen
Trennungsjahr bei einvernehmlicher Scheidung
Trennungsjahr bei streitiger Scheidung


Stimmt der andere Ehegatte der Scheidung zu , wird die Ehe vor dem zuständigen Familiengericht in jedem Fall geschieden.
Hier dient der Ablauf des Trennungsjahres der Vermutung, dass die eheliche Lebensgemeinschaft nicht mehr hergestellt werden kann. (so genannte Vermutung der Zerrüttung)


Stimmt der andere Ehegatte der Scheidung nicht zu, wird die Ehe in aller Regel trotzdem nach dem Trennungsjahr geschieden.
Voraussetzung ist aber, dass der Antragsteller dem Richter glaubhaft macht, dass die eheliche Lebensgemeinschaft nicht mehr hergestellt werden kann, weil das mindestens einer der Eheleute nicht mehr will.
In der Praxis relativ häufig: wenn einer der Ehepartner in einer neuen Partnerschaft lebt.

2. Ausnahmen vom Trennungsjahr

Wie bereits beschrieben, wird eine Ehe bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen in Deutschland nach dem einjährigen Trennungsjahr in der Regel geschieden. Von diesem Grundsatz bestehen drei Ausnahmen, die jedoch nur äußerst selten Anwendung finden und eine Ausnahme bei Scheidungen mit Auslandsbezug.
 
a)  3 Jahre Trennungsdauer bzw. Trennungszeit
Leben die Ehegatten seit drei Jahren voneinander getrennt, wird die Zerrüttung der Ehe gemäß § 1566 Absatz 2 Bürgerliches Gesetzbuch unwiderlegbar vermutet. Der Richter wird die Ehe dann scheiden, egal ob ein Ehegatte die Zustimmung zur Scheidung gibt oder nicht.
Fachanwältin für Familienrecht Sandra Segl klärt auf:

„Drei Jahre muss in der Regel niemand auf seine Scheidung warten. Auch wenn einer der Eheleute sich gegen die Scheidung stellt, werden ca. 95 % aller Ehen nach Einhaltung des einjährigen Trennungsjahres geschieden. Dies liegt daran, dass die Familiengerichte in der Regel davon ausgehen, dass ein Scheitern der Ehe vorliegt, wenn EINER auf jeden Fall geschieden werden möchte. Die Richter sagen: Eine Ehe, die nur einer der Ehepartner möchte, ist keine solche mehr!“

b)  Scheidung ohne Trennungsjahr – Härtefallscheidung
Ohne Einhaltung eines Trennungsjahres können sich Eheleute nur in ganz wenigen Ausnahmefällen und unter bestimmten Umständen scheiden lassen. Voraussetzung für diese so genannte Härtefallscheidung ist, dass demjenigen der sich scheiden lassen möchte, ein Abwarten bis zum Ablauf des Trennungsjahres nicht zugemutet werden kann.
Die Unzumutbarkeit muss in der Person oder im Verhalten des anderen Ehegatten begründet sein und muss über die typischen Ehezerwürfnisse hinaus gehen. Einfache Untreue ist hierfür nicht ausreichend.
Fachanwältin für Familienrecht Sandra Segl klärt auf:
„Die Gründe müssen sehr massiv sein. Zudem müssen die Gründe bewiesen werden. Im Zweifel sind dann bei Abstreiten der Gewalttätigkeiten, Drohungen etc. Zeugen notwendig, die Beweis dafür bieten. Kann man die Unzumutbarkeit nicht beweisen, droht die Gefahr, dass die Scheidung abgewiesen wird und man die Kosten alleine tragen muss. Zudem dauert ein Beweisverfahren manchmal Monate. Ich rate daher in vielen Fällen: Warten Sie das Trennungsjahr ab, dann müssen Sie traumatische Erlebnisse nicht vor Gericht nochmals erzählen!“

c)  Keine Scheidung trotz abgelaufener Trennungsfrist
Das Gesetz bestimmt zwei extrem seltene Ausnahmen, bei denen der Familienrichter die Ehe auch dann nicht scheidet, wenn die oben genannten Trennungsfristen abgelaufen sind.
aa) so genannte Kinderschutzklausel
Eine Ehe soll auch dann nicht geschieden werden, wenn sie gescheitert ist und die Trennungsfristen abgelaufen sind, solange das wegen der gemeinsamen minderjährigen Kinder nicht verantwortet werden kann, zB weil bei dem minderjährigen Kind  Selbstmordgefahr bestehen würde. (Selbstmordgefahr beim Kind im Falle der Scheidung, OLG Hamburg, FamRZ 1986, 469). Diese Voraussetzungen liegen nur in ganz wenigen Ausnahmefällen vor.
bb) Schwere Härte für den anderen Ehegatten
Eine Ehe soll auch dann nicht geschieden werden, wenn die Scheidung aufgrund außergewöhnlicher Umstände eine so schwere Härte für den anderen Ehepartner darstellen würde, dass die Aufrechterhaltung der Ehe ausnahmsweise geboten erscheint. Den Ausdrücken „außergewöhnlich, „ausnahmsweise“ und “ schwere Härte“ kann man bereits entnehmen, dass auch die Voraussetzungen dieser Möglichkeit so gut wie nie vorliegen. Seelische oder wirtschaftliche Probleme allein reichen hierfür jedenfalls nicht.

d) Kein Trennnungsjahr bei Scheidung mit Auslandsbezug
Wenn beide Eheleute deutsche Staatsangehörige sind, aber außerhalb von Deutschland im selben Land leben, können Sie zwar in Deutschland geschieden werden. Es findet bei dieser Scheidung aber das Scheidungsrecht des Landes Anwendung, in dem die Ehegatten leben.

BEISPIEL: Leben beide deutsche Staatsangehörige in den Niederlanden, so können die Ehegatten in Deutschland geschieden werden (Örtlich zuständig ist in solchen Fällen stets das Familiengericht Berlin Schöneberg). Anzuwenden hat das deutsche Familiengericht aber das Scheidungsrecht der Niederlande. Dieses sieht aber kein Trennungsjahr vor, so dass die Ehe ohne Einhaltung einer bestimmten Trennungszeit geschieden werden kann.

3. Wann beginnt das Trennungsjahr?

 
Das Trennungsjahr beginnt mit dem Vorliegen aller Voraussetzungen einer familienrechtlichen Trennung.
Es beginnt, wenn die Ehegatten „von Tisch und Bett“ getrennt leben oder einer der Ehegatten ausgezogen ist und die Trennung als solche gewollt ist. Das Trennungsjahr dauert zwölf Monate. Es beginnt nicht, wenn die Eheleute zwar in einer Ehekrise stecken und diese als solche auch wahrnehmen, aber noch ein gemeinsames Ehe- oder Familienleben führen. Dies gilt vor allem dann, wenn Sie einen gemeinsamen Haushalt führen. Dann kann von einer Trennung im familienrechtlichen Sinn nicht gesprochen werden.

4. Wann muss das Trennungsjahr vorliegen?

 
Für die Vollendung bzw Beendigung des Trennungsjahres kommt es bei der Scheidung ausschließlich auf den Zeitpunkt des letzten Scheidungstermins vor dem Familiengericht  an.
Das bedeutet, dass der Scheidungsantrag bereits nach ca. 9 – 10 Monaten Trennungsdauer beim zuständigen Familiengericht eingereicht werden kann. Dies deshalb, weil das Scheidungsverfahren bis zum Scheidungstermin in der Regel mindestens 3 Monate benötigt und dann das Trennungsjahr beim Scheidungstermin abgelaufen ist.

Fachanwältin Sandra Segl klärt auf:
„Ein solches Vorgehen ist dann nicht möglich, wenn der Antragsteller Verfahrenskostenhilfe beim Familiengericht für die Scheidung beantragt. Dies deshalb, weil für die Bewillligung Voraussetzung ist, dass ALLE Scheidungsvoraussetzungen zu diesem Zeitpunkt vorliegen. Da das Trennungsjahr noch nicht abgelaufen wäre, würde die Verfahrenskostenhilfe abgelehnt werden! Wenn der andere Ehepartner bereits einen anderen Anwalt beauftagt hat, läuft man dann Gefahr, dass man dessen Kosten ersetzen muss.“


5. Kann ich das Trennungsjahr durch Absprache mit dem Ehepartner abkürzen bzw das Trennungsjahr verkürzen?

 
Die Frage stellt sich in der Praxis häufig: „muss ich das Trennungsjahr einhalten“? Oder kann ich das Trennungsjahr durch Absprache mit meinem Ehepartner abkürzen?“

Fachanwältin für Familienrecht Sandra Segl klärt auf:
„Das Einhalten des Trennungsjahrs wird in der Regel vom Familienrichter im Scheidungsverfahren nicht nachgeprüft. Wenn beide Ehegatten übereinstimmend den gleichen Trennungszeitpunkt angeben, wird der Richter ohne weitere Nachprüfung diesen für die Scheidung annehmen. Dieses Vorgehen kann sowohl Vorteile, als auch Nachteile haben.“

Lesen Sie zum Nicht-Einhalten des Trennungsjahres hier mehr!


6. Unterbrechung des Trennungsjahrs – Was ist wenn wir uns kurz versöhnen?

 
Gab es Versöhnungsversuche, kann die Ehe trotzdem geschieden werden. Dies gilt jedenfalls, wenn es die Ehegatten nicht länger als bis zu 3 Monate noch einmal miteinander versucht haben.

Fachanwältin für Familienrecht Sandra Segl klärt auf:
„Man muss wissen, dass nach solchen kurzfristigen Versöhnungsversuchen das Trennungsjahr nicht wieder von vorne anfängt zu laufen. Das Trennungsjahr wird auch nicht unterbrochen. Weitere Folge ist, dass wenn Sie kurzzeitig wieder als Ehepaar zusammenleben, in dem Jahr auch steuerlich zusammen veranlagt werden können!“

Interessante Urteile zum Trennungsjahr

Versöhnungsversuch von höchstens 3 Monaten unterbricht das Trennungsjahr nicht.

Muster – Trennungsmitteilung an Ehepartner

                                                                     Datum                                                                                                    

Hallo _________________ ,
mit diesem Schreiben teile ich Dir mit, dass ich mich dazu entschlossen habe, mich endgültig von Dir zu trennen.
Ich möchte die eheliche Lebensgemeinschaft mit Dir nicht wieder herstellen.
Ich werde daher ab jetzt

  • keinen gemeinsamen Haushalt mehr mit dir führen.
  • keine gemeinsamen Unternehmungen mehr mit dir ausführen.
  • getrennt von Dir wirtschaften.

Das bedeutet, dass ab sofort jeder für sich selbst sorgen muss; das gilt auch für sämtliche Haushaltstätigkeiten wie Kochen und Waschen.
Zudem werde ich meine Freizeit für mich alleine verbringen, so dass wir auch keine gemeinsamen Mahlzeiten einnehmen werden.
Ich werde ein eigenes Bankkonto errichten.

  • (sollten Sie Unterhalt geltend machen wollen, zusätzlich🙂 Ich bitte dich darüber hinaus, mir in Zukunft Unterhalt für mich und die Kinder auf das Bankkonto _______________________________________ zu zahlen. Die Höhe des Unterhaltes werde ich dir zu einem späteren Zeitpunkt mitteilen.
 
Ich wünsche dies alles nicht aus Böswilligkeit Dir gegenüber. Aber Dir ist bestimmt bekannt, dass das Gesetz diese Maßnahmen vorsieht, damit eine dauerhafte Trennung und damit die Voraussetzung für eine spätere Scheidung erfüllt ist.

Ich bitte Dich, meine Entscheidung zu akzeptieren.
___________________
Unterschrift