Muss man das Trennungsjahr einhalten und welche Folgen hat es, wenn das Trennungsjahr nicht eingehalten wird?
1. Muss das Einhalten des Trennungsjahres bei der Scheidung nachgewiesen werden?
a) beide Ehegatten geben bei der Scheidung übereinstimmend den gleichen Trennungszeitpunkt an
BEISPIEL: Frau Müller gibt als Trennungszeitpunkt den 01. Januar 2013 an. Herr Müller gibt als Trennungszeitpunkt den 01. Februar 2013 an. Die Scheidung findet am 03. März 2014 statt. Sowohl bei dem Datum das Frau Müller angibt ist das Trennungsjahr eingehalten, als auch bei dem Datum das Herr Müller angegeben hat. Da das Trennungsjahr in jedem Fall eingehalten ist und damit die Voraussetzung für die Scheidung vorliegt, wird der Richter keine weiteren Nachprüfungen treffen.
Problematisch ist es aber, wenn der andere Ehegatte ein Trennungsdatum nennt, bei dem das Trennungsjahr nicht eingehalten ist.
BEISPIEL: Frau Müller gibt als Trennungszeitpunkt den 01. Januar 2013 an. Herr Müller gibt als Trennungszeitpunkt den 01. Januar 2014 an. Die Scheidung findet am 03. März 2014 statt. Bei dem Datum das Frau Müller angibt ist das Trennungsjahr eingehalten. Bei dem Datum, das Herr Müller angegeben hat, ist das Trennungsjahr noch nicht abgelaufen. Das Trennungsjahr ist also nicht in jedem Fall eingehalten.
In diesem Fall muss derjenige Ehepartner, der den Scheidungsantrag stellt, vor dem zuständigen Familiengericht beweisen, dass das Trennungsjahr zwischen den Ehepartnern eingehalten wurde. Das bedeutet er muss für Nachweise sorgen, dass die Trennungsjahr eingehalten wurde. Er muss zum Beispiel Zeugen benennen oder Sonstiges (schriftliche Vereinbarungen, Meldebescheinigungen etc) vorlegen. Besonders schwierig kann es dabei sein nachzuweisen, dass das Trennungsjahr eingehalten wurde, wenn man gemeinsam in einer Wohnung getrennt gelebt hat.
Fachanwältin für Familienrecht Sandra Segl klärt auf:
„Manchmal kommt es vor, dass ein Ehegatte während der Trennung oder der Scheidung entgegen der eigentlichen Absprache ein anderes Trennungsdatum angibt. Sinnvoll ist es daher, einen Nachweis für die konkrete Trennung zu schaffen. Schreiben Sie Ihrem Ehegatten bei Trennung zum Beispiel einen Brief, in dem Sie ihm die Trennung mitteilen. Wie dieser aussehen könnte, finden Sie hier. So haben Sie einen schriftlichen Nachweis über den Trennungszeitpunkt.“
2. Rechtliche Folgen, wenn das Trennungsjahr nicht eingehalten wird
Während der Trennungszeit ändert sich am gesetzlichen Erbrecht des Ehegatten grundsätzlich nichts. Wenn aber ein Ehegatte den Scheidungsantrag stellt und danach stirbt, erlischt das Erbrecht des anderen, wenn die Voraussetzungen (Trennungsjahr eingehalten) für die Scheidung zu diesem Zeitpunkt vorlagen.
Für die Berechnung des Versorgungsausgleichs ist der Tag entscheidend, wenn dem anderen Ehegatten vom Familiengericht der Scheidungsantrag zugestellt wird. Durch ein zurückdatiertes Trennungsdatum kann der Scheidungsantrag früher eingereicht werden und es kommt zu einer zeitlichen Verkürzung der Berechnung des Versorgungsausgleichs.
Der Stichtag für die Berechnung des Zugewinnausgleichsanspruchs ist ebenfalls der Tag, wenn dem anderen Ehegatten vom Familiengericht der Scheidungsantrag zugestellt wird. Durch ein zurückdatiertes Trennungsdatum kann der Scheidungsantrag früher eingereicht werden und es kommt zu einem anderen Stichtag für die Berechnung des Zugewinnausgleichs.
Mit Rechtskraft der Scheidung entfällt der Anspruch auf Zahlung von Trennungsunterhalt für den Ehegatten. Da das Bestehen des Anspruchs auf nachehelichen Unterhalt wesentlich strengere Voraussetzungen hat, als Trennungsunterhalt kann es hier zu Verkürzungen des Unterhaltsanspruchs kommen.
Sollten Sie Verfahrenskostenhilfe für die Scheidung beim Familiengericht beantragen ist Voraussetzung für deren Bewilligung das Einhalten des Trennungsjahres. Fällt dem Gericht nach Bewilligung auf, dass das Trennungsjahr noch gar nicht abgelaufen war, kann es die Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe wieder aufheben. Sie müßten die Kosten der Scheidung dann eventuell selbst tragen.
Fachanwältin für Familienrecht Sandra Segl klärt auf:
„Dass das Trennungsjahr nicht abgelaufen ist, fällt dem Gericht manchmal auf, wenn im Rahmen des Verfahrenskostenhilfeantrags von einer Partei ein Leistungsbescheid der ARGE vorgelegt wird. Wenn dort noch von einer Bedarfsgemeinschaft der Eheleute ausgegangen wurde, lag auch keine Trennung vor.“
Der Trennungszeitpunkt der Ehegatten hat auch Einfluss auf die Möglichkeit der gemeinsamen Veranlagung im Steuerecht. Bei Angabe eines zurückdatierten Trennungsdatums kann es bei Bekanntwerden beim Finanzamt zu erheblichen Steuernachzahlungen kommen.
Wenn das Gericht aus welchen Gründen auch immer (ein Ehepartner ändert zB seine Meinung) bemerkt, dass das Trennungsjahr nicht eingehalten wurde, kann es den Scheidungsantrag als unbegründet abweisen.
Fachanwältin für Familienrecht Sandra Segl klärt auf:
„In dem Fall muss in der Regel derjenige, der den Scheidungsantrag gestellt hat, die Kosten der gesamten Scheidung tragen. Auch die, des Anwalts des Ehepartners, falls dieser auch einen hat! Erfahrungsgemäß sind aber manche Familienrichter so kulant und setzen die Scheidung so lange aus, bis das Trennungsjahr abgelaufen ist!“
Letztendlich kann die falsche Angabe des Trennungszeitpunkts auch strafrechtliche Konsequenzen haben. Es besteht die Möglichkeit der Bewertung als so genannter „Prozessbetrug“. Dabei handelt es sich eigentlich um einen „normalen“ Betrug gemäß § 263 Strafgesetzbuch. Man spricht im Volksmund immer dann von einem „Prozessbetrug“, wenn in einem Zivilverfahren eine Partei gegenüber einem Gericht oder Richter versucht, durch Täuschung einen Vorteil zu erlangen.